Erfahrungsbericht zum Erasmus +Projekt Finnland

Im Rahmen unseres Erasmus+Projektes hatten wir 8 Lehrermobilitäten beantragt. Die ersten beiden Mobilitäten führten Frau Mertins und Frau Assenmacher nach Helsinki (Finnland), um dort über das Finnische Bildungssystem informiert zu werden.

Dieser Erfahrungsbericht gibt einen Einblick in das finnische Schulsystem und dessen Grundwerte. Hier sind die wichtigsten Punkte zusammengefasst:

 

Der finnische Bergriff „Sisu“ gilt als unübersetzbar, lässt sich grob mit „Kraft“, „Beharrlichkeit“ und „Ausdauer“ ins Deutsche übertragen.

  1. Werte und Haltung zum Lernen:
  • Wellbeing (Wohlbefinden): Im finnischen Bildungssystem ist das Wohlbefinden der Schüler entscheidend für den Lernerfolg. Entspannung, Bewegung und gesunde Lebensroutinen werden in den Alltag integriert, um Motivation und Lernbereitschaft zu fördern.
  • Ehrlichkeit und Vertrauen: Diese Werte sind in der Gesellschaft und im Schulsystem tief verwurzelt und spiegeln sich in der täglichen Praxis wider.
  • Selbstfürsorge und Entspannung: Techniken zur Selbstregulation wie Entspannungs- und Bewegungsroutinen sind ebenso wichtig wie das Lernen selbst.
  1. Kostenfreie Bildung:
  • Alle Bildungseinrichtungen in Finnland sind vollständig staatlich finanziert, was bedeutet, dass Schüler keine Kosten für Materialien, Schulverpflegung oder gesundheitliche Betreuung haben. Diese Regelung gilt bis zum Ende der Schulpflicht mit 18 Jahren.
  1. Lehrer und Unterricht:
  • Lehrer genießen ein hohes Ansehen und können ihren Unterricht autonom gestalten. Der Lehrplan ist flexibel und weniger auf konkrete Wissensinhalte ausgerichtet, sondern fokussiert sich auf das Vermitteln von lebensnotwendigen Kompetenzen.
  • Individuelle Unterstützung: Bereits im Vorschuljahr werden Unterstützungsmaßnahmen für Schüler mit besonderen Bedürfnissen implementiert.
  1. Schulalltag und -struktur:
  • Die Primarstufe dauert 6 Jahre, in denen ein Lehrer alle Fächer unterrichtet. Der Unterricht ist praktisch orientiert und umfasst neben den klassischen Fächern auch kreative, handlungsorientierte Angebote.
  • Es gibt regelmäßig Pausen, die auch für Bewegung genutzt werden. Schüler entwickeln zunehmend Selbstständigkeit, auch im Umgang mit ihren Freizeitaktivitäten.
  1. Weiterführende Schulen:
  • Nach der Grundschule entscheiden sich Schüler für einen von zwei Schultypen: einerseits berufsorientierte Schulen und andererseits Schulen, die auf eine akademische Laufbahn vorbereiten. Beide Schultypen sind durchlässig, sodass Schüler den Übergang zwischen den Richtungen jederzeit vollziehen können.
  • STEAM Education (Wissenschaft, Technologie, Ingenieurwesen, Kunst, Mathematik) wird stark gefördert, ebenso wie der kritische Umgang mit digitalen Medien.
  1. Prüfungen und Noten:
  • Die Notengebung beginnt frühestens in der 6. Klasse und ist sehr differenziert. Prüfungen und Aufgaben werden zunehmend digital durchgeführt.
  1. Sisu – Finnisches Mindset:
  • Sisu beschreibt eine finnische Einstellung von Entschlossenheit, Mut und Durchhaltevermögen. Es geht darum, auch kleine Schritte zu gehen und niemals aufzugeben.
  1. Zusätzliche Bildungsräume und Lernmethoden:
  • Schulen sind mit speziellen Räumen ausgestattet, die unterschiedliche Lernmethoden und kreative Tätigkeiten ermöglichen, z.B. Werkstätten, Musikräume oder Forscherlabors. Außerschulische Lernorte sind ebenfalls wichtig und werden regelmäßig genutzt.
  • Die Arbeitsmethoden fördern Kreativität, Eigenverantwortung und Zusammenarbeit. Tinkerspace und Makerspace sind Beispiele für kreative und technische Lernräume.
  1. Wichtige Werte im finnischen Bildungssystem:
  • Gleichberechtigung: Jeder hat Zugang zu Bildung, unabhängig von sozialen oder finanziellen Hintergründen.
  • Beziehung und Vertrauen: Soziale Beziehungen werden als Grundlage für das Lernen angesehen.
  • Natur: Der enge Bezug zur Natur ist ein weiterer wichtiger Bestandteil der finnischen Lebens- und Lernweise.

Insgesamt wird das Lernen in Finnland als ein lebenslanger, freudvoller und eigenverantwortlicher Prozess wahrgenommen, der durch Werte wie Vertrauen, Wohlbefinden und soziale Beziehungen unterstützt wird.